The Ocean - Universum, Stuttgart
16. Jun 2011
mit: - Intronaut - Red Fang & Earthship
Wir schreiben den sechzehnten Juni anno 2011. Der Tag war schwülwarm, am frühen Abend musste der obligatorische Platzregen mit Gewitter kommen.
Nun, gegen 18:30, stehen die ersten paar dutzend Fans im trockenen und reichlich dunklen, höhlenartig anmutenden Club Universum unter Stuttgarts Charlottenplatz. Im Eingangsbereich resoniert der Schall des E-Basses einer, wie sich herausstellen soll, blonden, bandanatragenden, jüngeren Frau. Komplettiert wird das Ensemble von einem bärtigen und einem weniger bärtigen Herrn an der Gitarre. Im hinteren Teil der Bühne versteckt sich der Schlagzeuger. Allesamt zugehörig der Band EARTHSHIP aus Berlin, bei welcher The Ocean's Gitarrist (der weniger bärtige) Robin Staps mitwirkt. Sie bieten einen soliden Post-rockigen Sludge dar, mit kernigen Vocals. Den Anwesenden scheint es zu gefallen, langsam wird es ein kleines wenig dichter vor der Bühne.
Nach einer kurzen Umbaupause treten ungeheuer haarige Gesellen auf die Bühne. Bis auf den Drummer, der dazu den Kontrast mittels einer Kurzhaarfrisur samt Geheimratsecken bildet. Bei RED FANG, eigentlich eine relativ bekannte Band aus Portland, Oregon/USA, geht es deutlich härter und mit stärkerem Metaleinschlag zu. Eine Typische Relapse-Band könnte man sagen, möchte man den Bezug zu deren Plattenlabel herstellen. Durchaus Isis nicht unähnlich, aber weniger verspielt und schneller, was sich auch im baldigen Headbangen der Zuschauer widerspiegelt. Dass Red Fang als Vorband spielen, mag manchem etwas verwunderlich erscheinen, liegt aber wohl in der hierzulande nicht allzu großen Popularität und den hochkarätigen Headlinern begründet. Etwas schade, dass der Auftritt recht kurz ausfällt, aber es geht Schlag auf Schlag, und der Co-Headliner INTRONAUT aus L.A. steht an.
Der Unterschied von INTRONAUT zu Red Fang fällt relativ deutlich auf, zumindest dem äußeren Erscheinungsbild nach. Wo gerade eben hinter dem Mikrofon nur Haare zu sehen waren, nun ein Gesicht, mit kurzen Haaren und lediglich (!) Dreitagebart. Musikalisch jedenfalls tut dies der Qualität keinerlei Abbruch. Intronaut bieten erstklassigen Post-Metal, teils gefälliger als die zuvor zitierten Isis, teils mit ruhigeren Post Rock Elementen, teils Mastodon ähnelnd. Der Sound ist weniger basslastig und wirkt dadurch klarer und differenzierter. Die Gesangsparts zwischen langen Instrumentalpassagen gelingen ähnlich abwechslungsreich und harmonisch. Die Köpfe gehen mit den vielfältigen Rhythmen mit, und auch die Musiker selbst haben augenscheinlich ihren Spaß. Nach einer anständigen Spieldauer geht es in die Umbaupause.
Denn The Ocean scheinen größeres vorzuhaben. Es werden LED-Bars und Spots auf die Bühne gebracht und versucht zu verkabeln, doch die Ansteuerung mittels Computer möchte nicht auf Anhieb gelingen. Das schafft immerhin Zeit für eine ausgedehntere Bierpause.
Dann ist es so weit, die auch eher schwachbrüstigen vier PAR56-Strahler, die regulär im "Uni" an der Decke vor der Bühne hängen, werden abgeschaltet. Ein paar LED-Streifen auf der Bühne gehen an, THE OCEAN legen los. Der Photograph (und Autor) bekommt Panik. Denn es ist praktisch stockfinster, nur ab und zu blitzen LEDs auf. Aber die größtenteils aus Berlin stammenden Jungs gehen steil vorwärts. War bisher auf der Bühne eher alles gemächlich, zeigt sich nun, dass The Ocean Hardcore im Blut haben. Die Musik lässt sich dennoch etwas schwer kategorisieren, man könnte sie etwa als Inkarnation eines Bastards aus Sludge, Metalcore, Post- und Progressive Rock bezeichnen. Screams und Shouts begleiten polymetrische Meshuggah-Rhythmen oder treffen auf verspielte Math/Post-Rock Parts à la Don Caballero. An Kreativität zwischen beinhartem aber technisch präzisem Geknüppel mangelt es hier jedenfalls nicht. Zeitweise kann ich den ein oder anderen LED-Blitz einfangen, muss aber darauf achten, keinen Gitarrenkopf ins Objektiv gehauen zu bekommen. Derweil steigert sich die Stimmung im Publikum immer mehr: der eine oder andere führt zurückhaltende Violent Dancing Moves aus, während der Großteil vor der Bühne spätestens bei "The Long March of The Yes-Men" dem Headbangen nicht mehr widerstehen kann. Es folgen zahlreiche Titel vom Precambrian-Album, einige Stücke vom aktuellen Doppelalbum Anthropozentric/Heliozentric, die ja allesamt mit einer gestandenen Länge aufwarten können. Und die Rhythmen gehen ins Bein und Genick, das kann man definitiv sagen. Irgendwann verabschieden sich The Ocean dann, nicht um sich vorher vergewissert zu haben, ob denn ihre Fans auch beim Summer Breeze diesen Jahres zugegen sein werden. Die Antwort ließ keine Zweifel.
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